SurrogateModels4EnergySystems – Effiziente Bewertung von Dekarbonisierungsstrategien industrieller Energiesysteme durch nahoptimale Ersatzmodelle

Zielstellung des Projektes

Die Herausforderungen der Energiewende und die in der Vergangenheit auftretenden Turbulenzen an den Energiemärkten stellen Betreiber industrieller Energiesysteme vor die Herausforderung bestehende Energie-systeme zu hinterfragen und alternative Energieversorgungskonzepte zu evaluieren. Die Bewertung bestehender Energiesysteme im Vergleich zu möglichen Alternativen ist eine sehr vielschichtige Aufgabe, die im Allgemeinen sehr viel Zeit und Geld in Anspruch nimmt. Da die meisten Unternehmen über wenige Möglichkeiten verfügen selbstständig Bewertungen von Energiekonzepten vorzunehmen, werden häufig Dienstleister für die Konstruktion und Evaluierung von Konzepten beauftragt.

Werkzeuge, die in der Bewertung von Energiesystemen zum Einsatz kommen, sind vor allem Simulations- und Optimierungstools, die den Lastgang eines Unternehmens mit verschiedenen Technologiekombinationen zu decken versuchen und die dafür erforderlichen Kosten und die auftretenden CO2-Emissionen bestimmen. Im Rahmen der Energiesystemoptimierung haben sich gemischt-ganzzahlige lineare Programme (MILP) etabliert Diese Optimierungsmodelle sind teilweise schwer zu handhaben und benötigen im Allgemeinen viel Rechenzeit zur Ermittlung der Ergebnisse. Die Modelle brauchen je nach Komplexität zwischen 10 Minuten und mehreren Stunden für eine Auswertung. Die Komplexität der Modelle steigt dabei beispielsweise durch eine erhöhte zeitliche Auflösung, welche durch die dynamische Betrachtungsweise der Systeme im Vergleich zu bisherigen Modellen wichtiger geworden ist. Auch die Betrachtung von Sektorenkopplung und Speichertechnologien führt zu deutlich erhöhten Rechenzeiten. Um dennoch eine möglichst vielseitige Bewertung verschiedener Versorgungsoptionen zu garantieren, muss der Anwende einen hohen Zeitaufwand mitberücksichtigen.

Ziel des Projektes ist es Ersatzmodelle für klassische MILP-Modelle zu erstellen, die es erlauben verschiedene nahoptimale Technologieoptionen innerhalb von Bruchteilen von Sekunden zu bewerten. Somit würde die Möglichkeit geschaffen Varianten der Energieversorgung durch einfache Parametrierung, klare Darstellung und eine schnelle und umfassende Auswertungen erfahrbar zu machen. Dies würde Betreibern von industriellen Energieversorgungssystemen die Möglichkeit geben schon vor der Beauftragung von Dienstleistern Optionen zu evaluieren und qualifizierter nach Lösungen zu suchen. Dabei liegt ein besonderer Fokus auf der Generierung von nahoptimalen Lösungen trotz geringer Datengrundlage. Eine solch effiziente Auswertung würde es ermöglichen Energiesystemoptimierung analog zu bereits bekannten „Solarrechnern“ im Internet anzubieten und den Weg für interessierte Anwender sehr kurz zu gestalten.

Aufgrund der hohen Anzahl an Freiheitsgraden in den Modellen, können Ersatzmodelle (sogenannte Surrogate Models) nur eine begrenzte Lösungsqualität erreichen. Die komplexen Lastverläufe, Preisstrukturen und Flexibilitätspotentiale der Unternehmen lassen sich nur schwer in einem ausreichend effizienten Ersatzmodell abbilden. Ziel des Projektes ist es daher Modellansätze zu finden, die einen guten Trade-Off zwischen Genauigkeit und Rechenzeit darstellen. Dabei sind Abstriche in der Genauigkeit durchaus gerechtfertigt, da die Eingabedaten, bei Energieversorgungsszenarien mit mehrjährigen Zeitintervallen, zwangsläufig eine hohe Unsicherheit in mehreren Parametern (Preise, Lastgänge, Wetter) aufweisen.

Für die Erstellung von Ersatzmodellen gibt es verschiedene methodische Ansätze. Zum einen existieren bereits klassische Verfahren, wie die Response Surface Methodology (RSM) oder mehrdimensionale stückweise lineare Ersatzmodelle. Zum anderen haben sich in den letzten Jahren Verfahren aus dem maschinellen Lernen etabliert. Dies sind zum Beispiel Support Vektor Maschinen oder neuronale Netze. Im Rahmen des Projekts sollen verschiedene Methoden auf ihre Eignung für die gegebene Aufgabenstellung geprüft werden. Eine besondere Herausforderung ist dabei die extrem hohe Anzahl an Eingabeparametern. Die Methoden werden nach Rechenzeit und Ergebnisgüte (Nahoptimalität) bewertet. Hierbei ist insbesondere entscheidend, ob der unvermeidbar entstehende Fehler zu einer Fehlentscheidung für das Energiesystem führt.

Für eine besonders vielversprechende Methodik werden Verfahren entwickelt, die die Menge an Eingabepara-metern sinnvoll reduziert, um die Modellkomplexität handhabbar zu machen. Typische Energiesystemmodelle haben zehntausende von Eingabeparametern. Diese Menge ist möglichst sinnvoll zu reduzieren, um die Erstellung eines Ersatzmodells überhaupt erst zu ermöglichen. Bei der Reduktion der Eingabeparameter sollen die Parameter eliminiert werden, die nur schlecht geschätzt werden können oder auf das Ergebnis einen geringen Einfluss haben. Diese Komplexitätsreduktion ist je nach industriellem Anwendungsfall unterschiedlich zu gestalten und muss in den Algorithmus zur Erstellung eines Ersatzmodells integriert werden.

Resultierende Ersatzmodelle typischer industrieller Anwendungsfälle werden in Form eines Demonstrators im Web umgesetzt, mit dessen Hilfe industrielle Anwender die Methodik ausprobieren können.

Projektpartner

  • RWTH Aachen University-Lehrstuhl für Technische Thermodynamik (RWTH-LTT)
  • REWE Deutscher Supermarkt AG & Co. KGaA
  • Rolls-Royce Solutions GmbH